Mail vom 30.04.2020: 10:50 Uhr:“Gestern haben die Auswirkungen des Lockdowns auch in meiner Familie zugeschlagen. Die Großeltern meines Mannes sind seit Januar in einem Pflegeheim. Da die Oma in den letzten Wochen im Sterben lag, durfte pro Tag ein Besuch zu ihr, für eine halbe Stunde. Gestern ist die Oma verstorben. Und mein Schwiegervater und sein Bruder dürfen ihren Vater nun nicht mehr besuchen. Er hat es mir heute erzählt und es tut mir so weh im Herzen. Da ist sein Vater, der um seine Frau trauert. Und er darf keinen Besuch von seinen Söhnen haben.
Es leuchtet mir ein, dass die Risikogruppen geschützt werden sollten. Aber es muss doch auch einen menschlichen Weg geben.
Was mir auch Sorgen macht, ist dass viele Menschen das ganze wenig reflektiert sehen. Ich komme mir in Gesprächen teilweise wie ein Verräter vor, weil ich einen kritischen Umgang mit offiziellen Daten und Verboten pflege. Das beschäftigt mich sehr. In unserer Gesellschaft wurde das selbstständige Denken abgeschafft. Wie soll das bloß weitergehen?“