Mail vom 31.03.2020, 15:18 Uhr: Sie bitten hier, um Erfahrungsberichte, was ich aus meiner inneren Not heraus und mit der mir derzeit innewohnende Wut (über die Art und Weise) gerne schreibe.

Ich leite seit 20 Jahren einen ambulanten Kinderkrankenpflegedienst für schwerst kranke Kinder und Jugendliche. Seit März dürfen wir in viele Familien nicht mehr tätig werden, da die Eltern Angst vor Ansteckung haben, was absolut verständlich ist. Viele unserer kleinen Patienten habe respiratorische Probleme (chronische Erkrankung der Lunge) und hier wäre eine Übertragung von Covid 19 sicherlich mit einem schweren Krankheitsverlauf denkbar.

Ich habe derzeit über 10 Mitarbeiter in Vollzeit und Teilzeit und allmählich kann durch die massiv gesunkenen Einnahmen die Ausgaben (Löhne, Krankenkassenbeiträge und dgl.) nicht mehr lange aufrecht erhalten werden. Unsere Reserven schmelzen gigantisch dahin, aber nicht die finanziellen Verpflichtungen.
Wir haben versucht die ach so toll angepriesene Corona-Soforthilfe zu beantragen, über die in den Medien ja geradezu reißerische berichtet wird, aber von der angeblichen Soforthilfe (in Bayern bis zu 10 Mitarbeiter ganze 5000,-€, als einmalige Zahlung!!! Nicht für jeden Mitarbeiter! Sondern Gesamtbetrag!!!) haben wir bis heute nur ein Schreiben erhalten, mit dem Vermerk, dass unser  Anliegen an die betreffende Kommune weitergeleitet wurde. Ich habe noch von keiner Geschäftsleitung gehört, dass dieser Betrag ausbezahlt wurde, obwohl die Medien über erfolgte Zahlungen berichten. Zudem darf diese Soforthilfe nur beantragt werden, wenn das Unternehmen nicht schon vorher in Schieflage befindlich war, bitte welcher Gastronomiebetrieb ist nicht schon seit Jahren in Schieflage. Wir konnten uns bis jetzt, trotz mieser Entgeldleistung der Krankenkasse, gut am Markt behaupten, jetzt dürfte diese Zeit vorbei sein. Die Krankenkassen für die wir die Leistungen erbringen, helfen hier nicht, denn wir würden unsere zugesagten Leistungen gerne erbringen, aber wir können nicht.

Die Hausbank läßt uns hängen, verweist an ein Kreditinstitut, welches derartig  langsam agiert und alles nochmals und dann in dreifacher Ausfertigung haben möchte, wozu wir wirklich keine Zeit und auch keinen Nerv mehr haben.
Dafür bekommen wir eine wahre Flut an Mails unserer Hausbank, wie schlimm diese Situation sei und dass sie an der Seite der Kunden bleibt,…. Wir können dies in keiner Form bestätigen.

Es gibt hier nur wieder Gewinner und Verlierer. Ich kann mich jetzt nicht hinsetzen und aus simpelsten Material einen Mundschutz nähen (Preissteigerung von 0,43 € auf 16,- €) und eine Pseudosicherheit verkaufen. Klar müssen wir uns und  auch die anderen Menschen vor Infektionen schützen, aber mit einem simplen Mundschutz der nach gut 20 Minuten durchnässt ist, ist nur Pseudosicherheit möglich.

Ich kann kein Gespür mehr für richtig oder falsch entwickeln, da wir (vorsätzlich?) mit falschen und unsauber gesammelten Daten gefüttert werden und ich weiß nicht wo vor ich mehr Angst haben soll, vor den Covid 19 Virus oder vor der Tatsache, dass meine Mitarbeiter und ich bald keine Lebensgrundlagen mehr haben werden.

Unser Auszubildender muss seine Ausbildung abbrechen und er wird sicherlich keine neue Ausbildungsstelle erhalten, da er ein sozialer Sonderfall ist. Meine langjährigen Mitarbeiter aus der Verwaltung können/müssen sich einen neuen Job suchen und meine Mitarbeiter aus der Pflege können nicht mehr zu den Familien, die sie teilweise über Jahre versorgt haben. Hier besteht aber der tröstliche Zustand, dass diese Mitarbeiter in den Kliniken sofort wieder Arbeit finden werden.

Ich hatte noch nie Angst, um das Fortkommen meiner Familie, doch das Gefühl, welches sich derzeit einstellt ist mit massiven Überlebensängsten gespeist. Ich bin bis heute immer munter und mutig an meine Arbeit herangegangen und habe meine Kinder zu verantwortungsvolle Menschen herangezogen. Derzeit habe ich massive Ängste um unsere Demokratie und die wirtschaftliche Lage jetzt und vor allem nach der Ausgangsbeschränkung.

Nachdem ich weiterhin an der Uni als Student immatrikuliert bin und mich viel mit Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnungen auseinander setzen muss (bin hier sicherlich kein Überflieger) frage ich mich, wie man die massive Datenflut, die derzeit wohl nicht auf wissenschaftlich evidenter Basis gesammelt wurde/wird, so an die Menschheit weitergeben kann/darf.

Frau Merkel als Kanzlerin für Deutschland, von der man nicht viel hört und wenn sie sich doch herablässt darüber zu sprechen, nach meiner Ansicht viele öffnende Gesten zeigt, vom Informationsgehalt aber bei mangelhaft rangiert. Politiker die während der Covid 19-Pandemie Gesetze durchdrücken und keiner merkt es,….

Das ist mein derzeitiger Erfahrungsbericht und (fast) frei von Verschwörungstheorien, geboren aus der entstehenden Unsicherheit über Falsch oder Richtig, Gewinner oder Verlierer, denn unsere Generation hat keinen Krieg miterlebt und keine übermäßige Katastrophen, aber wenn man den Menschen auf der Straße begegnet und mit ihnen ins Gespräch kommt, dann merke ich ich/wir, das wir/ich hier nicht alleine solch eine Endzeitstimmung haben und das trägt nicht gerade zu unserer Beruhigung bei.

Und meine Frage lautet, trotz der Überflutung mit (falschen) Daten:
„Was passiert gerade mit Deutschland und der Welt?“ Hoffe Sie halten diesen Erfahrungsbericht nicht zu negativ, aber das ist unsere derzeitige Erfahrungslage.