Mail vom 06.08.2020, 11:46 Uhr:

hiermit möchte ich Ihnen berichten, was mir und meinem Bruder am 2.8.2020 in der Notaufnahme im Helios-Klinikum-Siegburg widerfahren ist.

Ich habe das ganze Geschehen am 4.8.2020 als Beschwerde beim betreffenden Krankenhaus eingereicht.

 

Text:

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit möchte ich Ihnen ein Erlebnis in dieser Klinik schildern, welches mich zutiefst erschüttert und entsetzt hat. Dies fand am 2.8.2020 abends gegen 21.00 statt.

Mein Bruder war mit dem Fahrrad gestürzt. Hatte Schürfwunden am re.Knie (großflächig), am re.Arm und an der re.Schläfe, sowie eine verletzte re. Hand auf die er gefallen war. Hier zeigte sich neben ein paar kleinen Hautdefekten ein hühnereigroßer Blutgerguß, eine Bewegungseinschränkung und auch Schmerzen.

Zur Krankheitsgeschichte meines Bruders: Er hat seit dem 1.Lebensjahr Asthma. Hat in seiner Kinder- und Jugendzeit näher am Tod als am Leben gestanden. Dazu kam in seiner Kindheit eine Erkrankung an Tuberkulose, die natürlich jetzt ausgeheilt ist, die aber auch viel vernarbtes Lungengewebe zurückgelassen hat. Das heißt, das Lungenvolumen ist deutlich vermindert. Aus diesem Grund ist er auch nicht in der Lage, eine Maske zu tragen, da er nur bei dem Gedanken nicht nur keine Luft sondern auch Panik bekommt. Aus diesem Grund und der örtlichen Nähe telefonierte ich zuerst mit dem St.Johannes-KH in Sieglar, ob unter diesen Umständen eine Behandlung dort möglich sei, wie z.B. ein Röntgenbild oder/und fachmännischer Stützverband. Die freundliche Dame an der Information verband mich dann auch mit der diensthabenden Ärztin. Nach langem Hin und Her wurde mir mitgeteilt, daß er nicht ohne Maske ins Krankenhaus kommen könne, das wäre dann sein Problem. Noch nicht mal eine Überlegung, wie man das Problem mit der Maske vielleicht lösen könnte (z.B. ein Visier für den Patient, eine FFP-2-Maske für den Behandelnden?). Man könne die Vorschriften ja nicht für einen ändern (was ja auch niemand verlangt hat).

Also ein erneuter Versuch telefonisch mit dem Siegburger KH, in dem ich selbst seit über 30 Jahren als Krankenschwester tätig bin und von dem ich mir Vernunft und vor allem Hilfe erhoffe. Wir konnten uns dann tatsächlich an der Information anmelden und es hielt sich dort auch sonst zur Zeit niemand auf. Die Kollegin aus der Ambulanz hat dann auch den Arzt verständigt. Dann kam zuerst der Pfleger mit einer Maske in der Hand, die mein Bruder dann doch anziehen sollte. Dieser schilderte dem Pfleger, warum er diese nicht tragen könne. Und trotzdem wurde auf ihn eingeredet und man wollte sie ihm aufzwingen durch Aufforderung, damit er geröntgt werden könnte, was mein Bruder in dieser Form ablehnen mußte.

Ein Blick von weitem des Pflegers auf die Hand meines Bruders wurde dann so gedeutet, daß diese durchaus im Übergang zum kleinen Finger gebrochen sein könnte. Dann kam dann noch der Arzt hinzu, der vom Pfleger geholt wurde. Dieser hat dann von weitem (2-3 Meter) einen Blick auf die Hand geworfen, aber nichts dazu gesagt. Es wurde auch nicht gefragt, ob er sich beim Sturz vielleicht den Kopf am Boden aufgeschlagen hätte (Schürfwunde an der Schläfe) oder wie der Unfall passiert ist oder ein Blick auf die anderen Wunden geworfen. Der Arzt teilte ihm dann mit, er könne ihn nicht in den Ambulanzbereich hineinlassen, weil er diesen ja infizieren könnte (dieser Bereich war übrigens auch leer, wie ich durch die offene Tür sehen konnte). Mein Bruder hatte zu diesem Zeitpunkt keinerlei Symptome einer akuten infektiösen Atemwegserkrankung, woher auch, seit März kann er ja noch nicht mal mehr einkaufen gehen, weil ein Attest genauso wenig wert ist, wie das Papier auf dem es steht. Es gab auch keine Überlegungen, wie man das Problem lösen könnte (z.B. mit einem Visier für meinen Bruder und FFP-2-Maske für den Behandelnden oder auch komplette Schutzausrüstung), wie es sie ja in unserem Hause gibt. Nein, keine Idee.

Stattdessen wurde ihm gesagt, ohne Maske könne er nicht behandelt werden. Wir haben dann auch nicht mehr lange diskutiert. Dafür war ich viel zu betroffen und wütend. Auch hier wurden die Vorschriften in den absoluten Vordergrund gerückt, vor das Wohl des Menschen, der einen Unfall hatte. Man hat nicht einmal versucht, eine andere Möglichkeit zu finden, wie man eine Behandlung innerhalb der Vorschriften hätte regeln können. Mein Bruder fühlte sich sehr allein gelassen und ich bin einfach nur entsetzt, daß man einem Menschen, der Hilfe sucht, keine Hilfe zuteil werden läßt. In den Ausführungen des Gesundheitsministeriums ist ganz klar geschildert, daß es Menschen gibt, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen können und daß man dies akzeptieren müsse. Für mich heißt das ganz klar, daß eine Notaufnahme für so einen Fall gerüstet sein muß. Es kann nicht sein, daß einem Menschen medizinische Hilfe versagt wird, der diese benötigt Dieses Gefühl, dort weggeschickt zu werden, wo man Hilfe erwarten darf, gönne ich niemandem. Das Gefühl von Wertlosigkeit und Desinteresse war überwältigend. Mit großer Betroffenheit muß ich feststellen, daß das Grundprinzip von Menschlichkeit und Berufsethos heute nicht mehr in jeder Situation etwas wert ist. Ich hätte mir etwas einfallen lassen, um auch diesen Menschen behandeln zu können, der meiner Hilfe bedarf, ohne dabei jemand andere zu gefährden.

Der Pfleger kam dann noch mit einem Töpfchen Voltarensalbe und einer elastischen Binde, die er dann noch nicht einmal selbst angelegt hat. Ein Glück, daß ich Krankenschwester bin. Mein Bruder hätte dies ja alleine auch nicht gekonnt. Ich hoffe, daß nichts gebrochen ist und werde meinem Bruder natürlich mit Rat und Tat zur Seite stehen (wie Kühlen, Verband, Hochlagerung und Schonen der Hand). Aber mein Vertrauen in unser System ist stark beschädigt und das meines Bruders noch mehr als vorher, denn im Verlauf seiner Kindheit sind andere Schwierigkeiten in der Diagnose und Behandlung seiner Erkrankung aufgetreten, die man mit anderer Sorgfalt geringer hätte halten können. Ich hoffe, daß es zu keinen weiteren Schäden der Hand kommt, wie z.B. Bewegungseinschränkung oder Schmerzen und darunter weiteres Leid entsteht, weil man ihm die Hilfe, die er nötig hatte, im Rahmen der Vorschriften nicht ermöglichen konnte. Ein Armutszeugnis unserer Gesellschaft!

Mein Bruder war zu keinem Versuch mehr zu bewegen, es noch woanders zu versuchen. Ich finde diesen Vorfall höchst entwürdigend und verstörend und vor allem gesundheitsgefährdend.

Ich hoffe, Sie können diese Geschichte verwenden, um die Sinnhaftigkeit der Corona-Maßnahmen weiter infrage zu stellen.

 

Vielen Dank und viele Grüße