Mail vom 01.04.2020, 12:55 Uhr:

ich kann Ihnen Informationen aus einem Krankenhaus geben. Ich arbeite seit Jahren als ungelernte Aushilfe in der Pflege und muss ehrlich sagen, dass ich noch nie so gut betreute Stationen erlebt habe. Es wurde eine komplette Station für eine eventuelle Corona-Welle leer geräumt. Das Personal wurde auf alle anderen Stationen verteilt, wodurch vorletzte Woche zum Frühdienst 9 Personen kamen. Die Station hat 46 Betten, von denen nur 18 belegt waren. Das ist eine 1:2 Betreuung wie es sie noch nie zuvor gegeben hat. In der Regel erscheinen 5 Personen zum Frühdienst, während 36 Patienten dort sind. Es gibt derzeit so viel Personal, dass viele Pflegekräfte nach Hause geschickt wurden und frei bekommen, damit sie die teilweise 200 Überstunden aus den Vormonaten abbauen können. Auch ich hätte geplante Dienste gehabt, die jedoch abgesagt wurden, da zu viel Personal dort sei. Ich bin als … (Berufsbezeichnungen gelöscht, VF) inzwischen arbeitslos und warte darauf, dass die Politik von dem hohen Ross der absoluten Zahlen runterkommt und der Bevölkerung ehrliche, belastbare Zahlen mitteilt. Diesbezüglich habe ich mich in den letzten Tagen viel informiert, da ich sonst keine sinnvolle Beschäftigung mehr finde (Haushalt ist irgendwann fertig) und kann Ihnen gerne hierzu auch weitere Informationen schicken.
Zur Frage wie viele Personen mit Coronainfektionen im Krankenhaus behandelt werden, kann ich Ihnen sagen: Es sind 0! In den Diensten die ich im Lungenzentrum (Normalstation) des Krankenhauses gearbeitet habe, gab es jeweils etwa 3 Personen mit einem Verdacht auf CoViD19 aber während meiner Arbeitszeit wurde kein einziger dieser Fälle als positiv bestätigt. Stattdessen übersteigt der pflegerische Aufwand mit Schutzkleidung etc. die schwere der Erkrankung deutlich. Es kommen Menschen, die lediglich Husten, aber sonst keinerlei Symptome zeigen. Diese müssen unter Isolation behandelt und betreut werden, insbesondere, wenn es ältere Menschen sind, die in der fremden Umgebung nicht gut zurecht kommen. Nach einigen Tagen werden diese Menschen wieder entlassen. Die wirklich gefährlich erkrankten Patienten haben beispielsweise eine offene TBC, wo die Schutzmaßnahmen sehr wichtig sind, wer dagegen nur ein Halskratzen hat und damit nachts um 3 Uhr in die Notaufnahme kommt, behindert den reibungslosen Ablauf für ernsthaft erkrankte Menschen und mindert zudem die Bestände an Schutzausrüstung.
Beim Thema Schutzausrüstung (Masken, Kittel, Kopfhauben) habe ich außerdem Erfahrungen gemacht, die der Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden sollten. Besagter Patient, der mitten in der Nacht kam, klingelte in dieser Nacht mehrfach wegen Kleinigkeiten wie zum Beispiel das Öffnen einer Wasserflasche, die er eine Stunde zuvor noch abgelehnt hatte. Ich muss demnach Schutzausrüstung, die nur ein Mal verwendet werden darf, verbrauchen, um einem Patienten eine Wasserflasche zu öffnen…